Behutsame Bodennutzung statt Bauboom?

Weitere gute Umsetzungsbeispiele zur nachhaltigen Siedlungsgestaltung wären wünschenswert -insbesondere abseits der Zentren. Wie können Planungsbüros ihre beratende Funktion nutzen, um die „good practice“ in die Breite zu tragen

Trotz des Wissens um den Wert des Bodens ist eine Trendwende beim Flächenverbrauch kaum in Sicht. Noch immer liegt die durchschnittliche Flächeninanspruchnahme durch Siedlung und Verkehr bei 10,3 Hektar pro Tag in Bayern. Zum Flächenwachstum tragen u.a. umfassende Neubaugebiete mit freistehenden Einfamilienhäusern im ländlichen Raum und großflächige Gewerbeplanungen am Ortsrand bei.

Weitere gute Umsetzungsbeispiele zur nachhaltigen Siedlungsgestaltung wären wünschenswert -insbesondere abseits der Zentren. Wie können Planungsbüros ihre beratende Funktion nutzen, um die „good practice“ in die Breite zu tragen? Darum drehte sich der zweite „Runde Tisch Flächensparen“, zu welchem Büros aus der Stadt- und Bauleitplanung am 23. November in die Regierung von Unterfranken geladen waren. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung im Rahmen der Flächensparoffensive der Bayerischen Staatsregierung.

Sachgebietsleiter Oliver Weidlich hieß die rund 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer willkommen und verwies gleich darauf, dass die Neuerrichtung des Regierungsgebäudes in den 50‘er Jahren ein gelungenes Innenentwicklungsprojekt gewesen sei, das auch nach über sechs Jahrzehnten noch funktioniere. In seinem Grußwort machte er deutlich, dass Planerinnen und Planer mit ihrer Fachkompetenz und ihren Kontakten in die Gemeinden hinein eine Schlüsselposition innehaben. Durch intelligente Beratung in einem ganz frühen Planungsstadium, gute Entwürfe und Bewusstseinsbildung für das Thema Flächensparen bei den Gemeinderäten können sie attraktive Ortsentwicklung und Freiraumschutz entscheidend mitgestalten.

Wie gute Beispiele aussehen können, zeigte Architekt Roland Breunig, Geschäftsführer der archicult GmbH. In seinem Vortrag stellte er das Revitalisierungsprojekt der Neuen Mitte in Uettingen vor. Dort wird denkmalgeschützte Bausubstanz, etwa die alte Schule und ehemalige Hofstellen, umgenutzt und in modernen, vielseitigen Wohnraum verwandelt. Nachbarschaftliche Quartiere, die sowohl großzügige Familienwohnungen als auch barrierefreie Einheiten für die ältere Generation umfassen, befinden sich gerade im Bau. Sie zeigen die Möglichkeit der attraktiven Wohnraumerweiterung im Innenort auf, ohne den Außenbereich zu beanspruchen.
Ein weiterer Vortrag kam aus der Stadt Rieneck. Bürgermeister Sven Nickel macht dort seit seinem Amtsantritt die Innenentwicklung zur Chefsache. Er stellte fest, dass alle Akteure „an Bord“ geholt werden müssten, um effiziente Leerstandsbeseitigung und die Sanierung des Altortes umsetzen zu können. Das „Team Rieneck“ bestehe unter anderem aus der Verwaltung, den Bürgerinnen und Bürgern und anderen Behörden und ziehe nun gemeinsam an einem Strang. Mittels eines 10-Punkte-Plans könne die Innenentwicklung gelingen – etwa durch die Akquise von Fördermitteln, klare Kommunikation in die Bevölkerung hinein und die Realisierung von Leuchtturmprojekten. Bürgermeister Nickel stellte dabei heraus, dass zunächst „ein Wandel im Bewusstsein“ erreicht werden müsse. Auch der Stadtrat müsse „abgeholt und begeistert“ werden. Und: „Ohne einen guten Planer funktioniert das nicht“. Das vor einem Jahr verabschiedete INSEK der Stadt Rieneck dient der Stadt als langfristiger Fahrplan – in seinen Grundzügen wurde es von Planerin Sylvia Haines (Büro Haines-Leger-Architekten) vorgestellt.

Schließlich diskutierten die Expertinnen und Experten aus der Planung über Ansätze, wie mehr Klimaschutz und eine größere Vielfalt an Wohnformen in die Planentwürfe unterfränkischer Kommunen eingebracht werden könnten. Eine Quintessenz des Brainstormings war, dass viele wirksame Maßnahmen aus Kostengründen bewusst nicht zum Tragen kämen. Die Einsparpotenziale, die sich durch Klimaschutzmaßnahmen z.B. bei der Regenwasserversickerung oder Gebäudekühlung ergäben, müssten den Kommunen deutlicher aufgezeigt werden. Zudem entscheide man sich oft gegen eine umfassende Begrünung, da die gemeindlichen Bauhöfe personell und finanziell zu gering ausgestattet seien. Der Pflegeaufwand schrecke schlichtweg ab, Klimaschutz müsse immer auch leistbar bleiben. Nicht zuletzt müssten Planerinnen und Planer angemessen für ihre Leistungen bezahlt werden, etwa, wenn eine intensivere Beratung hin zu einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung mehr Zeit in Anspruch nimmt. Insgesamt klang aber dieser Tenor aus dem Fachpublikum: Wenn unsere kommunalen Auftraggeber bereit sind zu einer nachhaltigen Bauleitplanung, dann unterstützen wir sie auf diesem Weg mit Kräften!